«An den Matchball kann ich mich noch ganz genau erinnern»

von Fabio Baranzini

Die Frauen Nationalmannschaft hat im letzten Jahr an der WM in Linz dank einer grossartigen Leistung die Silbermedaille gewonnen. Wir blicken mit Nationalspielerin Tanja Bognar auf das WM-Turnier zurück und blicken auf die EM vom kommenden Wochenende voraus.

Tanja, im letzten Juli habt ihr in Linz WM-Silber gewonnen. Welche Momente sind dir heute noch am präsentesten?
Die Vorbereitung auf das Halbfinalspiel gegen Österreich ist noch immer sehr präsent. Wir hatten eine super Stimmung im Team und wollten die Chancen unbedingt packen und ins Finale einziehen. Wir haben mit den Coaches nochmals die letzten Vorrundenspiele analysiert und uns dann einen Plan zurechtgelegt für den Halbfinal.

Das Duell gegen die Gastgeberinnen entwickelte sich ja dann zu einem richtigen Krimi.
Ja, das stimmt. Ich kann mich noch sehr gut an die zehnminütige Pause erinnern, als es 2:2 stand in den Sätzen. Es war brutal heiss und wir liefen mental und physisch am Anschlag. Aber wir wollten diesen Sieg unbedingt und haben weiter gekämpft. An den Matchball kann ich mich noch ganz genau erinnern. Ich habe den letzten Ball zwischen zwei Österreicherinnen hindurch schlagen können. Zuerst habe ich gar nicht richtig realisiert, was passiert ist. Erst als plötzlich das ganze Team jubelnd hinter mir auf dem Feld stand, wurde mir so langsam bewusst, dass wir tatsächlich im Finale stehen.

Es war das erste Mal seit 16 Jahren, dass sich die Schweizer Frauen Nati für ein WM-Endspiel qualifizieren konnte. Wie habt ihr das geschafft?
Wir haben im Team sehr gut harmoniert und uns gegenseitig immer unterstützt. Auch die Spielerinnen, die in den wichtigen Partien nicht zum Einsatz gekommen sind, haben einen super Job gemacht und uns geholfen, wo sie konnten. Wir hatten eine gute Mischung aus erfahrenen Spielerinnen wie Natalie Berchtold, Celina Traxler oder Tina Ferrat, die mit ihrer Routine sehr wichtig waren für uns. Aber es hat auch die Jungen gebraucht wie Rahel Hess oder mich, die etwas frecher aufgespielt und auch mal etwas mehr riskiert haben. Sehr wichtig war aber auch unser Trainerstaff. Sie haben uns am Turnier super betreut und immer an uns geglaubt – fast noch mehr als wir selber. Das war auch schon während der Vorbereitung so.

Du sprichst die Vorbereitung an. Welche Rolle hat die gespielt für den Erfolg an der WM?
Die war sehr wichtig. Im Vergleich zur WM 2016 haben wir noch einmal deutlich mehr investiert. Wir haben mehr trainiert und haben intensiv im Technik- und Taktikbereich gearbeitet. Die Qualität in diesen Trainings war sehr hoch und hat uns definitiv einen Schritt nach vorne gebracht.

Diese Woche stehen die Europameisterschaften in Tschechien auf dem Programm. Was nehmt ihr euch für das sportliche Highlight im Jahr 2019 vor?
Wir wollen an der EM unsere beste Leistung abrufen. Das EM-Turnier wird für uns eine wichtige Standortbestimmung sein, da wir einen kleinen Umbruch haben im Team und vermehrt auf junge Spielerinnen setzen werden und solche, die noch nicht so viel internationale Erfahrung gesammelt haben.

Mit Natalie Berchtold und Celina Traxler legen zwei Spielerinnen eine Pause ein, die in den letzten Jahren wichtige Leistungsträgerinnen im Team waren. Was verändert sich dadurch?
Ich bin überzeugt, dass diese Wechsel eine Chance sind für uns. Natürlich sind Natalie und Celina sehr wichtige Spielerinnen für uns, aber es war auch so, dass wir Jungen und international noch unerfahrenen Spielerinnen uns etwas hinter ihnen verstecken konnten. Jetzt müssen wir zeigen, was wir draufhaben. Deshalb wird die EM ein guter Test, damit wir wissen, wo wir stehen und wo wir uns noch verbessern müssen. Für die Zukunft ist es enorm wichtig, dass wir bereits jetzt einmal vorwiegend auf die Jungen setzen, denn je früher wir sie integrieren können, desto einfacher fällt uns dann die Umstellung, wenn uns die erfahrenen Spielerinnen nicht mehr zur Verfügung stehen.

Dieses Interview ist erstmals in unserem Magazin «Faustball im Fokus» erschienen.

Zurück